Charta

Warum eine Charta für gute Pflege?

Die nun schon viele Jahre bestehende weltweite Krise der Pflegeberufe ist mit der Pandemie und den vor uns liegenden Umbrüchen im sozialen und kulturellen Leben in eine neue Phase eingetreten. Wir erkennen, dass Pflege nicht allein eine Angelegenheit der Pflegeberufe ist, sondern jeder Mensch als Pflegender Verantwortung für den sorgsamen und achtsamen und nachhaltigen Umgang mit Natur und Kultur trägt. Die Pflegeberufe können hier durch Ihre Expertise eine wichtige Rolle spielen.

In einem fast zweijährigen Diskussionsprozess innerhalb der weltweiten anthroposophischen Pflegebewegung ist die vorliegende Charta entstanden. Sie steht in innerer Verwandtschaft mit anderen ähnlichen Beiträgen, beispielsweise dem ICN Ethikcodex für Pflegende. Wir sind der Überzeugung, dass die in der Charta genannten Perspektiven eine wirklich neue Sicht auf die Aufgaben der Pflegeberufe eröffnen, dass sie im Gespräch weiterentwickelt werden müssen und Pflegende ihren, wenn auch bescheidenen Beitrag für den Wandel leisten wollen. Denn es gibt sie bereits – die gute, nachhaltige, menschenwürdige Pflege. Wir können sie finden – wir können sie schaffen.

September 2021
Internationales Forum für Anthroposophische Pflege

Charta für die Pflege im 21. Jahrhundert

1. Die Herausforderung
Die Menschheit befindet sich in einem dramatischen Wandel. Die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen durch Erderwärmung, Luftverschmutzung, Wassermangel, die Minderung der Bodenqualität und das Artensterben sind durch unseren Lebenswandel verursacht. Soziale Ungleichheit, Bildungsmangel, prekäre Einkommensverhältnisse, Hunger, Missachtung der Menschenrechte, Fanatismus und Krieg, all dies bestimmt wesentlich über Gesundheit und Krankheit und die Entwicklungsmöglichkeiten unserer Kinder auf diesem Planeten.

2. Den Ruf hören
Die Corona Pandemie dürfte nur ein Wetterleuchten vor den Stürmen sein, die über die Erde und die Menschheit hinwegfegen werden, wenn wir nicht besonnen und beharrlich gegensteuern und die Missstände lokal, regional und global ins Gute verwandeln.

3. Pflege neu denken
Angesichts dieser Zeitlage fragen wir uns nach der Aufgabe der Pflegeberufe. Welchen Beitrag können wir leisten, um den anstehenden Kulturwandel mitzugestalten. Warum könnten gerade von den Pflegeberufen wichtige Impulse für die individuelle Gesundheit und das öffentliche Gesundheitswesen ausgehen? Vier Thesen sollen hierfür zur Diskussion gestellt werden.

  • Eine Philosophie des Pflegens und des Sorgens kann die herrschende Philosophie des materiellen Wachstums ersetzen.
  • Eine Haltung uneigennütziger Zusammenarbeit kann das herrschende Leistungs- und Konkurrenzprinzip langfristig ablösen.
  • Alle Tätigkeiten der Pflege erhalten tiefere Bedeutung, wenn sie von menschlichen Werten durchdrungen sind. Die Wertschätzung der Dinge und der Alltagshandlungen sowie die Achtung vor dem Leben kann eine Haltung des Konsums und des sinnlosen Genusses überwinden.
  • Der Einfluss der Umgebungsfaktoren wie Frieden, Sicherheit, soziale Bindung, Erziehung und Bildung oder der Zugang zu den Ressourcen des täglichen Lebens auf Gesundheit und gelingende Lebensentwürfe ist schon immer die Handlungsgrundlage der Pflege gewesen. Dies wird auch immer mehr Gegenstand der Forschung. Die Sorge für die Gesundheit durch die Gestaltung der Umwelt und Lebenswelt muss das pathogenetische, auf Reparatur des Schadhaften ausgerichtete Modell von Gesundheit und Krankheit ergänzen.

4. Botschafter für den Wandels werden
Gesundheits- und Krankenpfleger:innen sind Boten der Veränderung. Wir setzen uns ein für eine nachhaltige, achtsame und entwicklungsfördernde Pflege. Entsprechend unserer persönlichen und biografischen Möglichkeiten bringen wir uns ein in der in der lokalen, nationalen und internationalen Politik, im Besonderen innerhalb des Gesundheits- und Pflegewesens.

5. Botschafter des Wandels an unseren Arbeitsplätzen
Wir engagieren uns an unseren Arbeitsplätzen für eine menschenwürdige, personenzentrierte Pflege und die kollegiale Zusammenarbeit mit allen Berufsgruppen und Mitarbeitern. Dies bedeutet auch die Sorge um Arbeitsbedingungen, welche eine sinnstiftende Arbeit ermöglichen, sowie gerechte und auskömmliche Gehälter, den ressourcenschonenden Umbau aller Arbeitsabläufe und die Nutzung nachhaltiger Medizinprodukte.

6. Botschafter des Wandels durch die Sorge für die Balance zwischen Hightech-Medizin und menschenwürdiger Pflege
Gerade in Bereichen, die notwendigerweise mit hohem technischen Einsatz Leben retten, wie beispielsweise unsere Intensivstationen, setzen wir uns für die Präsenz menschlicher Nähe und Wärme ein. Wir wollen mithelfen, dass alle medizinischen Handlungen der individuellen Situation der Patient:innen angemessen werden. Wir schützen sie vor technischen Abläufen, die nicht mehr im Dienst der Patient:innen stehen. In der häuslichen Pflege und der stationären Langzeitpflege treten wir ein für die Bereitstellung der technischen Hilfsmittel, welche die soziale Teilhabe erleichtern und dem Wohlbefinden dienen. Technische Hilfsmittel und im Besonderen die digitalen Medien bedürfen auch im privaten Bereich immer einer Durchdringung mit menschlicher Begegnung und Fürsorge.

7. Botschafter des Wandels durch einen lebendigen Theorie-Praxis Transfer
Gesundheits- und Krankenpfleger:innen bilden sich darin aus, bewährtes Alltagswissen, berufsfachliche Kenntnisse und wissenschaftliche Evidenz zu verstehen, zu empfinden und in Alltagshandeln zu übertragen. Sie streben an, dass ihr Handeln fachlich korrekt, in der Ausführung innig und schön und in der Wirkung gut und angemessen ist.

8. Pflegewissenschaft
Pflegewissen ist die Voraussetzung für gutes Handeln. Es entsteht zunächst durch Wahrnehmung und Beobachtung im Lebens- und Tätigkeitsumfeld der Pflege. Durch reflektierte Erfahrung und einer dem Forschungsgegenstand angemessenen Methodik wird eine Pflegewissenschaft als eine allseitige Lebenswissenschaft begründet.

Naturwissenschaftliche, sozial- und geisteswissenschaftliche Methoden haben für die Pflegewissenschaft Gültigkeit und Bedeutung. Eine Pflegewissenschaft der Zukunft könnte darüber hinaus eine auf den Phänomenen gegründete Methodologie entwickeln, welche Wissen, Kunst und Ethik integral verbindet und für Pflegende, Patient:innenen, Pflegebedürftige und Angehörige anderer Heilberufe gleichermaßen evident wird.

9. Eigenständige Handlungsfelder
Ernährung, Bewegung, Rhythmus, Berührung und soziale Integration sind in allen Gesundheitssystemen eine wichtige Ressource für die Erhaltung der Gesundheit durch Selbstregulation und Selbstpflege. Therapeutische Empfehlungen hierzu und die praktische Umsetzung unter Alltagsbedingungen im jeweiligen Lebensfeld gehören deshalb zu den wesentlichen Aufgaben der Pflegeberufe. Eine Brücke zwischen diesen Feldern gesunder und nachhaltiger Lebensgestaltung und medikamentösen Interventionen bilden Äußere Anwendungen wie Wickel, Auflagen, Waschungen, Bäder, Massagen und Einreibungen sowie die Anleitung in Methoden achtsamer Selbstpflege. Pflegende können sich hier ein eigenständiges, ergänzendes Handlungsfeld erschließen.

10. Berufliches und privates Leben
Die Trennung zwischen Erwerbsarbeit, schöpferischer Betätigung in der Freizeit und sozialer Arbeit in Kindererziehung, Pflege und Haushalt ist Ausdruck des fragmentierten Lebens in arbeitsteiligen Gesellschaften. Immer weniger Menschen sehen sich in der Lage, alle drei Bereiche sinnstiftend in den eigenen Lebensentwurf zu integrieren. Pflegende setzen sich deshalb für mitgestaltete Arbeitsprozesse und die Integration beruflicher und privater Lebensfelder ein.

11. Verantwortung und Spiritualität
Die Veränderung gesellschaftlicher und kultureller Verhältnisse durch die andauernde technische Revolution, den sozialen Wandel durch Globalisierung und Migration, globale und regionale Katastrophen durch Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen und nicht zuletzt eine immer stärker werdende materialistische Weltauffassung fordert innere Anpassungs- und Entwicklungsschritte jedes Einzelnen.

Die Verantwortung für die Entwicklung und das Wohlergehen der Erde und ihrer Bewohner weckt notwendigerweise das Bedürfnis nach der eigenen seelisch-geistigen Entwicklung. Pflegende wissen, dass das „Innere Leben“ ebenso der Pflege bedarf, wie die nach außen wirkende Sorge. Religion oder andere Formen der Spiritualität werden in der Zukunft eine der physischen Ernährung gleichrangige Bedeutung haben.

12. Individualität und Gemeinschaft
Der Gegensatz zwischen den Entwicklungsbedürfnissen des Einzelnen und den Bedürfnissen der Gesellschaft wurden in der Geschichte weder durch soziale Hierarchiebildung mit Privilegien für Einzelne noch durch kollektive Normierungen befriedigend gelöst. Gemeinschaftsbildungen sollen in Zukunft mehr und mehr der Entwicklung des Einzelnen dienen. Die individuelle Entwicklung muss dabei aufsteigen zur schrittweisen Verantwortungsübernahme des Einzelnen für das Wohl vieler Menschen und Lebewesen auf dieser Erde.

Charta

Warum eine Charta für gute Pflege?

Die nun schon viele Jahre bestehende weltweite Krise der Pflegeberufe ist mit der Pandemie und den vor uns liegenden Umbrüchen im sozialen und kulturellen Leben in eine neue Phase eingetreten. Wir erkennen, dass Pflege nicht allein eine Angelegenheit der Pflegeberufe ist, sondern jeder Mensch als Pflegender Verantwortung für den sorgsamen und achtsamen und nachhaltigen Umgang mit Natur und Kultur trägt. Die Pflegeberufe können hier durch Ihre Expertise eine wichtige Rolle spielen.

In einem fast zweijährigen Diskussionsprozess innerhalb der weltweiten anthroposophischen Pflegebewegung ist die vorliegende Charta entstanden. Sie steht in innerer Verwandtschaft mit anderen ähnlichen Beiträgen, beispielsweise dem ICN Ethikcodex für Pflegende. Wir sind der Überzeugung, dass die in der Charta genannten Perspektiven eine wirklich neue Sicht auf die Aufgaben der Pflegeberufe eröffnen, dass sie im Gespräch weiterentwickelt werden müssen und Pflegende ihren, wenn auch bescheidenen Beitrag für den Wandel leisten wollen. Denn es gibt sie bereits – die gute, nachhaltige, menschenwürdige Pflege. Wir können sie finden – wir können sie schaffen.

September 2021
Internationales Forum für Anthroposophische Pflege

Charta für die Pflege im 21. Jahrhundert

1. Die Herausforderung
Die Menschheit befindet sich in einem dramatischen Wandel. Die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen durch Erderwärmung, Luftverschmutzung, Wassermangel, die Minderung der Bodenqualität und das Artensterben sind durch unseren Lebenswandel verursacht. Soziale Ungleichheit, Bildungsmangel, prekäre Einkommensverhältnisse, Hunger, Missachtung der Menschenrechte, Fanatismus und Krieg, all dies bestimmt wesentlich über Gesundheit und Krankheit und die Entwicklungsmöglichkeiten unserer Kinder auf diesem Planeten.

2. Den Ruf hören
Die Corona Pandemie dürfte nur ein Wetterleuchten vor den Stürmen sein, die über die Erde und die Menschheit hinwegfegen werden, wenn wir nicht besonnen und beharrlich gegensteuern und die Missstände lokal, regional und global ins Gute verwandeln.

3. Pflege neu denken
Angesichts dieser Zeitlage fragen wir uns nach der Aufgabe der Pflegeberufe. Welchen Beitrag können wir leisten, um den anstehenden Kulturwandel mitzugestalten. Warum könnten gerade von den Pflegeberufen wichtige Impulse für die individuelle Gesundheit und das öffentliche Gesundheitswesen ausgehen? Vier Thesen sollen hierfür zur Diskussion gestellt werden.

  • Eine Philosophie des Pflegens und des Sorgens kann die herrschende Philosophie des materiellen Wachstums ersetzen.
  • Eine Haltung uneigennütziger Zusammenarbeit kann das herrschende Leistungs- und Konkurrenzprinzip langfristig ablösen.
  • Alle Tätigkeiten der Pflege erhalten tiefere Bedeutung, wenn sie von menschlichen Werten durchdrungen sind. Die Wertschätzung der Dinge und der Alltagshandlungen sowie die Achtung vor dem Leben kann eine Haltung des Konsums und des sinnlosen Genusses überwinden.
  • Der Einfluss der Umgebungsfaktoren wie Frieden, Sicherheit, soziale Bindung, Erziehung und Bildung oder der Zugang zu den Ressourcen des täglichen Lebens auf Gesundheit und gelingende Lebensentwürfe ist schon immer die Handlungsgrundlage der Pflege gewesen. Dies wird auch immer mehr Gegenstand der Forschung. Die Sorge für die Gesundheit durch die Gestaltung der Umwelt und Lebenswelt muss das pathogenetische, auf Reparatur des Schadhaften ausgerichtete Modell von Gesundheit und Krankheit ergänzen.

4. Botschafter für den Wandels werden
Gesundheits- und Krankenpfleger:innen sind Boten der Veränderung. Wir setzen uns ein für eine nachhaltige, achtsame und entwicklungsfördernde Pflege. Entsprechend unserer persönlichen und biografischen Möglichkeiten bringen wir uns ein in der in der lokalen, nationalen und internationalen Politik, im Besonderen innerhalb des Gesundheits- und Pflegewesens.

5. Botschafter des Wandels an unseren Arbeitsplätzen
Wir engagieren uns an unseren Arbeitsplätzen für eine menschenwürdige, personenzentrierte Pflege und die kollegiale Zusammenarbeit mit allen Berufsgruppen und Mitarbeitern. Dies bedeutet auch die Sorge um Arbeitsbedingungen, welche eine sinnstiftende Arbeit ermöglichen, sowie gerechte und auskömmliche Gehälter, den ressourcenschonenden Umbau aller Arbeitsabläufe und die Nutzung nachhaltiger Medizinprodukte.

6. Botschafter des Wandels durch die Sorge für die Balance zwischen Hightech-Medizin und menschenwürdiger Pflege
Gerade in Bereichen, die notwendigerweise mit hohem technischen Einsatz Leben retten, wie beispielsweise unsere Intensivstationen, setzen wir uns für die Präsenz menschlicher Nähe und Wärme ein. Wir wollen mithelfen, dass alle medizinischen Handlungen der individuellen Situation der Patient:innen angemessen werden. Wir schützen sie vor technischen Abläufen, die nicht mehr im Dienst der Patient:innen stehen. In der häuslichen Pflege und der stationären Langzeitpflege treten wir ein für die Bereitstellung der technischen Hilfsmittel, welche die soziale Teilhabe erleichtern und dem Wohlbefinden dienen. Technische Hilfsmittel und im Besonderen die digitalen Medien bedürfen auch im privaten Bereich immer einer Durchdringung mit menschlicher Begegnung und Fürsorge.

7. Botschafter des Wandels durch einen lebendigen Theorie-Praxis Transfer
Gesundheits- und Krankenpfleger:innen bilden sich darin aus, bewährtes Alltagswissen, berufsfachliche Kenntnisse und wissenschaftliche Evidenz zu verstehen, zu empfinden und in Alltagshandeln zu übertragen. Sie streben an, dass ihr Handeln fachlich korrekt, in der Ausführung innig und schön und in der Wirkung gut und angemessen ist.

8. Pflegewissenschaft
Pflegewissen ist die Voraussetzung für gutes Handeln. Es entsteht zunächst durch Wahrnehmung und Beobachtung im Lebens- und Tätigkeitsumfeld der Pflege. Durch reflektierte Erfahrung und einer dem Forschungsgegenstand angemessenen Methodik wird eine Pflegewissenschaft als eine allseitige Lebenswissenschaft begründet.

Naturwissenschaftliche, sozial- und geisteswissenschaftliche Methoden haben für die Pflegewissenschaft Gültigkeit und Bedeutung. Eine Pflegewissenschaft der Zukunft könnte darüber hinaus eine auf den Phänomenen gegründete Methodologie entwickeln, welche Wissen, Kunst und Ethik integral verbindet und für Pflegende, Patient:innenen, Pflegebedürftige und Angehörige anderer Heilberufe gleichermaßen evident wird.

9. Eigenständige Handlungsfelder
Ernährung, Bewegung, Rhythmus, Berührung und soziale Integration sind in allen Gesundheitssystemen eine wichtige Ressource für die Erhaltung der Gesundheit durch Selbstregulation und Selbstpflege. Therapeutische Empfehlungen hierzu und die praktische Umsetzung unter Alltagsbedingungen im jeweiligen Lebensfeld gehören deshalb zu den wesentlichen Aufgaben der Pflegeberufe. Eine Brücke zwischen diesen Feldern gesunder und nachhaltiger Lebensgestaltung und medikamentösen Interventionen bilden Äußere Anwendungen wie Wickel, Auflagen, Waschungen, Bäder, Massagen und Einreibungen sowie die Anleitung in Methoden achtsamer Selbstpflege. Pflegende können sich hier ein eigenständiges, ergänzendes Handlungsfeld erschließen.

10. Berufliches und privates Leben
Die Trennung zwischen Erwerbsarbeit, schöpferischer Betätigung in der Freizeit und sozialer Arbeit in Kindererziehung, Pflege und Haushalt ist Ausdruck des fragmentierten Lebens in arbeitsteiligen Gesellschaften. Immer weniger Menschen sehen sich in der Lage, alle drei Bereiche sinnstiftend in den eigenen Lebensentwurf zu integrieren. Pflegende setzen sich deshalb für mitgestaltete Arbeitsprozesse und die Integration beruflicher und privater Lebensfelder ein.

11. Verantwortung und Spiritualität
Die Veränderung gesellschaftlicher und kultureller Verhältnisse durch die andauernde technische Revolution, den sozialen Wandel durch Globalisierung und Migration, globale und regionale Katastrophen durch Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen und nicht zuletzt eine immer stärker werdende materialistische Weltauffassung fordert innere Anpassungs- und Entwicklungsschritte jedes Einzelnen.

Die Verantwortung für die Entwicklung und das Wohlergehen der Erde und ihrer Bewohner weckt notwendigerweise das Bedürfnis nach der eigenen seelisch-geistigen Entwicklung. Pflegende wissen, dass das „Innere Leben“ ebenso der Pflege bedarf, wie die nach außen wirkende Sorge. Religion oder andere Formen der Spiritualität werden in der Zukunft eine der physischen Ernährung gleichrangige Bedeutung haben.

12. Individualität und Gemeinschaft
Der Gegensatz zwischen den Entwicklungsbedürfnissen des Einzelnen und den Bedürfnissen der Gesellschaft wurden in der Geschichte weder durch soziale Hierarchiebildung mit Privilegien für Einzelne noch durch kollektive Normierungen befriedigend gelöst. Gemeinschaftsbildungen sollen in Zukunft mehr und mehr der Entwicklung des Einzelnen dienen. Die individuelle Entwicklung muss dabei aufsteigen zur schrittweisen Verantwortungsübernahme des Einzelnen für das Wohl vieler Menschen und Lebewesen auf dieser Erde.